„Gesundheit beim Wort genommen“- 4 Fragen an Evelyne Wohlschläger-Krenn

In der Reihe „Gesundheit beim Wort genommen“ stellen wir Fragen an Menschen, die sich für die Gesundheit der Wiener*innen einsetzen. Dieses Mal kommt Dr.in Evelyne Wohlschläger-Krenn zu Wort.

Evelyne Wohlschläger-Krenn ist ärztliche Direktorin des Arbeitsmedizinischen Zentrums der KFA (Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien), Fachärztin für Innere Medizin und Arbeitsmedizinerin.

Aus Sicht einer Arbeitsmedizinerin, welchen nicht gesundheitsförderlichen Aspekt würden Sie am liebsten in der Arbeitswelt verändern?

Wohlschläger-Krenn: Der psychische Druck am Arbeitsplatz wächst ständig. Hier gibt es noch sehr viel für uns zu tun. Häufig wird der Arbeitsdruck auch top down weitergeleitet, darum fände ich es großartig, wenn mehr Führungskräfte zu diesem Thema regelmäßige Fortbildungen erhalten würden. Erstens, um nicht selbst unter dem Druck auszubrennen und zweitens, um die Leistungsfähigkeit und Produktivität des eigenen Teams durch Steigerung des Teamgeistes und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz positiv zu beeinflussen. Es gibt hierzu gute wissenschaftliche Daten, dass in Betrieben mit gut implementierter betrieblicher Gesundheitsförderung auch der wirtschaftliche Output signifikant ansteigt beziehungsweise Krankenstände vermindert sind. Hierzu haben wir als AMZ (Arbeitsmedizinisches Zentrum der KFA) sehr effektive, interdisziplinäre und maßgeschneiderte Angebote für unsere Klient*innen im Angebot.

Was sind die Kernaufgaben des Arbeitsmedizinischen Zentrums der KFA?

Wohlschläger-Krenn: Das Arbeitsmedizinische Zentrum der KFA betreut ca. 32.000 Stadt Wien Mitarbeiter*Innen in den Dienststellen der Stadt Wien. Unsere Abteilung wurde im Oktober 2020 gegründet, nachdem unser Betreuungsauftrag im Wiener Bedienstetenschutzgesetz festgelegt wurde. Mittlerweile besteht unser Zentrum aus 57 Mitarbeiter*innen, die stets bemüht sind, bedürfnisorientierte Angebote für die Dienststellen umzusetzen.

Das Zentrum besteht aus 3 Säulen. Einerseits die Arbeitsmedizin, welche sich unter anderem um Arbeitsplatzbegehungen, Diensterleichterungen, Schwangerschaftsmeldungen usw. kümmert. Die Arbeitspsychologie als 2. Säule hat als Kernaufgabengebiet die Evaluation psychischer Belastungen, immer in enger Zusammenarbeit mit den Dienststellen und deren Mitarbeiter*innen, so dass umsetzbare Lösungen für eventuelle Problemstellungen gefunden werden. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist unsere letzte und größte Säule. Hier arbeitet ein multidisziplinäres Team – bestehend aus Mediziner*innen, Psycholog*innen, Diätologinnen, sowie Physiotherapeut*innen und Sportwissenschaftler*innen – speziell auf den Bedarf zugeschnittene Betreuungskonzepte aus.

Ziel unseres Zentrums ist es, Arbeitswelten gesundheitsförderlich zu gestalten und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden am Arbeitsplatz deutlich zu steigern.

Welche Probleme haben Ihre Patient*innen beziehungsweise Klient*innen häufig?

Wohlschläger-Krenn: Da wir für die Gesamtheit aller Mitarbeiter*innen in den Dienststellen zuständig sind, geht es bei uns um Problematiken, die meist die gesamte Dienststelle betreffen. Stress und psychische Belastungen sowie Ergonomie oder Gendermedizin sind nur einige wichtige Themen. Gibt es individuelle Gesundheitsprobleme, werden unsere Klient*innen direkt an das Gesundheits- und Vorsorgezentrum der KFA weiterverwiesen. Hier steht eine hervorragende individuelle Betreuung zur Verfügung – von der Gesundenuntersuchung (circa 1 Stunde Gespräch und Untersuchung), der Stressambulanz bis hin zur ersten österreichweiten Prädiabetesambulanz. Auch die Angebote des Sanatorium Hera stehen natürlich für diverse medizinische Bereiche den Klient*innen zur Verfügung.

Was raten Sie Führungskräften?

Wohlschläger-Krenn: Passen Sie gut auf die eigene Gesundheit – sowohl physisch als auch psychisch – auf. Fördern Sie dies auch bei Ihrem Team, es wird das Wohlbefinden, die Motivation und den Teamzusammenhalt in Ihrem Bereich steigern. Auf diesem Weg gewinnen alle. Der Aufwand, eine betriebliche Gesundheitsförderung im Betrieb zu implementieren, steht in keinem Vergleich zu dem Gewinn, der Ihnen und Ihrer Abteilung entsteht. Die Förderung von Maßnahmen, die dem Team guttun und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter*innen steigern, werden nicht nur Sie als Führungsperson stärken, sondern vor allem auch die Friktionen im Alltag vermindern. Das Team ist zufriedener und damit auch motivierter. Letztendlich geht es darum, die Empathie, die den Mitarbeiter*innen zusteht, zu geben, denn die meisten Menschen kündigen ihrem*ihrer Chef*in und nicht ihrem Arbeitsplatz.

Was raten Sie Arbeitnehmer*innen?

Wohlschläger-Krenn: Kommunizieren Sie Vorgesetzten, wenn es Ihnen nicht gut geht. Nur so kann die Situation geändert werden. Um sich Hilfe zu holen gibt es weiters Sicherheitsvertrauenspersonen, Gesundheitslots*innen und natürlich die Personalvertretung. Äußern Sie Wünsche oder Vorschläge immer in einer positiven Formulierung, damit diese nicht als Kritik, sondern als positiver Input erkannt werden. Achten Sie auf sich, halten Sie Pausen ein oder machen Sie zwischendurch auch einmal etwas Bewegung im Alltag. Aufgrund des stetig steigenden Pensionsalters müssen wir uns auf eine Arbeitszeitverlängerung einstellen, die wir nur mit einer guten Lebensqualität meistern werden können, um auch gesund und zufrieden älter zu werden.