Thomas Leoni, Nadine Pieck, Edeltraud Hanappi-Egger, Kristina Hametner

Rückblick – Tagung „Lebenswelt Arbeit. Gesundheit von Frauen und Männern im Fokus“ am 12. Juni 2019

Rund 180 ExpertInnen und Interessierte folgten der Einladung des Büros für Frauengesundheit und Gesundheitsziele und des Frauengesundheitszentrums FEM Süd, um sich über genderspezifische Ansätze im betrieblichem Gesundheitsmanagement zu informieren und auszutauschen.

Die Tagung stellte eine zentrale Lebenswelt in den Mittelpunkt, in der Gesundheit beeinflusst wird – nämlich die der Arbeit. Eine gesunde Arbeitswelt leistet einen wesentlichen Beitrag für ein längeres und selbstbestimmtes Leben bei guter Gesundheit. Eine genderspezifische Sichtweise erhöht die Treffsicherheit bei Aktivitäten des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Dr. Thomas Leonie, MA, vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, gab anhand von aktuellem Zahlenmaterial für Österreich einen Einblick in diese vielfältigen Genderunterschiede, die auch für die Gestaltung der betrieblichen Gesundheitsförderung und des betrieblichen Gesundheitsmanagements von Bedeutung sind.

Prof.in Dr.in Nadine Pieck, Direktorin des Instituts für Gesundheitsförderung und Prävention im Betrieb an der Hochschule Magdeburg-Stendal, referierte, wie die Gesundheit von Faktoren beeinflusst wird, die je nach Geschlecht unterschiedlich ausgeprägt sind und zu einer systematisch ungleichen Verteilung von Belastungen und Ressourcen zwischen den Geschlechtern führen können. Sie präsentierte, welche sozialen Prozesse im Betrieb berücksichtigt werden müssen, um Gesundheit unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe im Betrieb zu fördern. Eine Anleitung bietet der Iga-Report 35 „Gesundheitliche Chancengerechtigkeit im Betrieb: Schwerpunkt Gender“ (siehe Link unten).

Univ.Prof.in Dipl.-Ing.in Dr.in techn. Edeltraud Hanappi-Egger, Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien, widmete sich der Messung von Leistung im akademischen Betrieb in Abhängigkeit von den Möglichkeiten, die den Leistungserbringenden zur Verfügung stehen. Sie präsentierte ein Modell der Wirtschaftsuniversität Wien, wonach beispielsweise das akademische Alter anstatt des tatsächlichen Alters zur Bewertung der Publikationshäufigkeit von BewerberInnen für Postdoc-Stellen im Rahmen des Bewerbungsprozesses berücksichtigt wird.

Mag.a Alexandra Münch-Beurle vom Büro für Frauengesundheit und Gesundheitsziele und Unternehmensberaterin Mag.a Birgit Pichler präsentierten ein Curriculum zur Gesundheitsförderung von Frauen im Betrieb. Insgesamt 101 innerbetriebliche AkteurInnen aus 3 Organisationen wurden in den 2018 bis 2019 realisierten Pilotschulungen mit dem Thema Betriebliche Frauen-Gesundheitsförderung erreicht. In den modular gestalteten Workshops wurden Hintergründe und Zusammenhänge zwischen Arbeit, Gesundheit und Geschlecht beleuchtet, eigene Rollenbilder reflektiert und Ansätze, Zugänge sowie Praxisbeispiele zur BFGf vermittelt und ausgetauscht. Der Workshop „Frauen im Fokus“ kann aktuell beim FGÖ gebucht werden.

Regierungsrat Reinhard Faber aus der KAV-GD und Mag.a Karin Korn vom Frauengesundheitszentrum FEM Süd referierten über geschlechtssensible und interkulturelle betriebliche Gesundheitsförderung in Niedriglohnbereichen im Wiener KAV. Der Wiener Krankenanstaltenverbund hat sich in Kooperation mit dem Institut für Frauen- und Männergesundheit/ FEM Süd & MEN zum Ziel gesetzt, betriebliche Gesundheitsförderungsprojekte in Gesundheitseinrichtungen (Krankenhäuser, Pflegewohnhäuser) zu etablieren, die explizit die Bedürfnisse von weiblichen und getrennt davon von männlichen MitarbeiterInnen unter Einbeziehung ihrer Migrationserfahrung adressieren.

Medizinerin, Psychotherapeutin und Health Care Managerin Dr.in Irene Kloimüller ging in ihrem Vortrag auf ein differenziertes Altersbild von Frauen und Männern ein. Sie skizzierte die durchaus unterschiedliche gesundheitliche Entwicklung im Zusammenhang mit Einflüssen aus der Arbeit und ging auf die Bedeutung für Ganzheitliches Gesundheitsmanagement ein.

Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion, mit Vertretern aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungen, Fonds Gesundes Österreich, Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung, Arbeiterkammer sowie dem Arbeitsinspektorat. Diskutiert wurde, inwiefern die verschiedenen Organisationen zur mehr Gendersensibilität im Rahmen von Betrieblichem Gesundheitsmanagement beitragen können. Mag.a Ingrid Moritz forderte ein klares Bekenntnis gegen Sexuelle Belästigung oder Gewalt am Arbeitsplatz durch die Führung. Dr. Klaus Ropin verwies auf den Leitfaden „Faire Gesundheitschancen im Betrieb“ und auf Genderspezifität als Förderschwerpunkte des FGÖ. Dr.in Andrea Kernmayer berichtete von einer Schwerpunktaktion zu Gender und Diversity durch das Arbeitsinspektorat. Mag.a Sandra Neundlinger sprach über Unterstützungsmöglichkeiten der Wiener Gebietskrankenkasse für zielgruppenspezifische BGF.

Abstractband und Präsentationen

Abstractband und Präsentationen der Tagung können bis 31.10.2019 vom Büro für Frauengesundheit und Gesundheitsziele bezogen werden:

Weiterführende Informationen

IGA.Report 35. Gesundheitliche Chancengleichheit im Betrieb: Schwerpunkt Gender

FGÖ Seminar „Frauen im Fokus: maßgeschneiderte Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt“, 3.12.2019 in Wien

MEGAP – eine Gender und Diversity (GD) Schwerpunktaktion im ArbeitnehmerInnenschutz

Leitfaden „Faire Gesundheitschancen im Betrieb“, FGÖ